SOCIAL - BUT HOW?

Wir leben in einer unglaublich fortschrittlichen Welt. Jeden Tag kommen neue Technologien auf den Markt, Krankheiten, die eigentlich für unheilbar galten, werden mit Hilfe von hoch modernen medizinischen Methoden kuriert. Der Mensch forscht nicht nur auf der Erde, sondern bereist auch die schier unendlichen Weiten des Weltraums und doch gibt es trotz all der Erfindungen und des Fortschritts noch immer Not und Leid auf unserer Welt. Der momentane Flüchtlingsstrom, der nach Europa kommt, ist ein Beispiel dafür.

 

Seit einiger Zeit fliehen immer mehr Menschen aus ihrer Heimat und kommen meist unter sehr riskanten und lebensgefährlichen Bedingungen auf der Suche nach Asyl hierher. Dieses Problem ist schon seit Monaten Gesprächsthema Nummer eins in Deutschland und Europa. Es ist vor allem so präsent, weil keiner mit so vielen Menschen gerechnet hat, die unsere Hilfe dringend brauchen. Die große Frage dabei, die jeden beschäftigen sollte, ist nicht, ob man hilft, sondern wie man möglichst viel helfen kann.

 

Mit diesem ernsten Thema begrüßen wir euch mit einer druckfrischen, originellen und kunterbunten Ausgabe der „Ausverkauft" im neuen Schuljahr. Auch bieten wir euch wieder die jüngsten Schul-News und natürlich das altbewährte Lehrerinterview, wo auch die dunkelsten Geheimnisse eurer Lieblingsgurus gelüftet werden. Außerdem berichten wir über den Sponsorenlauf, den Thessaloniki-Austausch der 10. Klassen und die Premiere des Stücks „Tote lachen nicht." unserer Theater-AG. Viel Spaß beim schmökern.

 

 

Diskriminierung vs. Courage

In diesem modernen Zeitalter gibt es im Internet eine Antwort auf jede Frage, also habe ich den Begriff Rassismus einfach mal „gegoogled". Wikipedia erklärte ihn so:

„Rassismus ist eine Ideologie, die 'Rasse' in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlichen bestimmenden Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften deutet. Der Begriff Rassismus entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der kri-tischen Auseinandersetzung mit auf Rassentheorien basierenden politischen Konzepten. In anthropologischen Theorien über den Zusammenhang von Kultur und rassischer Beschaffenheit wurde der Begriff der Rasse mit dem ethnologisch-soziologischen

Begriff 'Volk' vermengt, z.B. von der 'völkischen Bewegung' in Deutschland und Österreich."

 

Und das bedeutet jetzt was? Genau so habe ich reagiert und viele von euch vielleicht auch. Meine Erklärung lautet so:

Rassismus ist die allgemeine Rassentrennung, also die Trennung von Hautfarben und Nationalitäten.

 

Doch wo fängt Rassismus an?

Es fängt bei dir an. Sagst du NEIN zur Diskriminierung jeder Art oder sagst du JA zum „reinen Deutschland". Deine Schule trägt den Titel „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage". Gemeinsam bilden wir, mit 1800 weiteren Schulen im ganzen Land, das größte Schulnetzwerk Deutschlands. Über eine Million Schüler sagen NEIN zu Rassismus. An fast allen 1800 Schulen gibt es ein so genanntes SOR-Team. Dieses setzt sich gegen Diskriminierung, Rassismus, Gewalt und Sexismus an Schulen ein. Auch an unserer Schule hat sich so ein Team, das sich seit Beginn dieses Jahres mit rund 30 Schülern aus allen Klassen für Courage an unserer Schule engagiert, zusammengeschlossen.

 

 

Einblick: Ein Nachmittag im Keller

Mittwoch,07.10.2015

 

Heute ist das SOR-Team (Schule ohne Rassismus) unserer Schule in das Asylbewerberheim in der Riebeckstraße gefahren. Unser Ziel war es, den Spendenkeller der Unterkunft aufzuräumen. Viele Leipziger spenden Kleidung, Spielzeug oder Bücher. Diese werden jedoch meist in Kisten oder Müllbeuteln gebracht und sind nicht sortiert. Deshalb ist unsere Gruppe von etwa zwanzig Leuten und Frau Zehe, die das Projekt SOR an unserer Schule leitet, in den Spendenkeller gegangen um ein wenig Ordnung zu schaffen. So wie wir ist auch Frau Schleiff wieder da, eine ältere Dame die es sich fast jeden Tag zur Aufgabe macht, hier zu helfen. Sie hat die unzähligen Kleidungsstücke schon vorsortiert. Eine mühselige Aufgabe wie wir finden. Daher kam es ihr wohl gerade recht, dass wir die Sachen für Männer, Frauen und Kinder nach Größen sortiert und in die vorhandenen Regale geräumt haben. Frau Schleiff erzählt, dass sie vor drei Jahren nach Leipzig zog und kurz danach das Asylbewerberheim in der Riebeckstraße eröffnet wurde. Zunächst wollte sie Vorlesungen für Flüchtlingskinder halten, da sie zu der Zeit in einem Sprachen-Kindergarten arbeitete. Jedoch stellte sich schon bald heraus, dass ihre Hilfe an anderen Stellen dringender notwendig wurde. Nun hat sie sich den Spendenkeller vorgenommen und freut sich über unsere Hilfe. Schließlich schafft man gemeinsam mehr. Übrigens plant SOR noch mehr solcher Aktionen. Wenn ihr auch Lust habt mitzuhelfen, kommt einfach auf uns zu.

 

Lehrerinterview mit Frau Zehe

 

AUSVE®KAUFT: Ganz allgemein: Wie stehen sie zu Rassismus und Diskriminierung?

 

 

 

FRAU ZEHE: Das ist ein Thema, das mich schon lange sehr bewegt. Obwohl ich dachte, dass es in einer Gesellschaft, die sich „Demokratie“ auf die Fahne geschrieben hat, keine große Rolle mehr spielen sollte, stelle ich fest, dass immer mehr rassistisches Gedankengut an die Öffentlichkeit tritt. Und ich stelle fest, dass vieles verharmlost und auch nicht beim Namen genannt wird. Ich finde, dass es zu meinem Beruf gehört, rechtzeitig gegenzusteuern. Übrigens sollte uns der Name „Humboldt Schule“ schon dazu verpflichten, humanistische Gedanken zu verteidigen.

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass das ein Thema ist, das sehr aktuell ist. Jeder sollte für sich selbst eine klare Position erarbeiten und sich auch dem entsprechend verhalten. Und dahinter steckt auch die Notwendigkeit, sich gut zu informieren, nicht einfach auf ein Bauchgefühl zu achten und Parolen nachzugeben. Man muss sich wirklich Argumente zu recht legen, die man vertreten kann, weil man sich Wissen angeeignet hat und dazu sind unsere Massenmedien, als alleiniges Informationsmittel, nicht immer geeignet. Man muss aufpassen, dass man nicht manipuliert wird.

 

 

AUSVE®KAUFT: Wie kam es zur Gründung des „Schule-ohne-Rassismus“-Teams an unserer Schule?

 

FRAU ZEHE: Das SOR-Team entstand Anfang der 90er, als in einigen Klassen Schüler unterschwellig eine Meinung vertraten, die eher nach rechts ging. Im Rahmen des Erwachsen-werden-Unterrichts und Gesprächen zwischen den Schülern und dem Klassenlehrer haben wir festgestellt, dass man dagegen etwas tun muss. Daraufhin sind einige Schüler auf der Suche nach gescheiten Konzepte auf die Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage!“ gestoßen, die es so im Osten noch gar nicht gab. Ich glaube wir waren damals sogar die einzige Schule in Sachsen, die diesen Weg gegangen ist. Heute sind wir weit überrundet; Leipzig steht mit drei Schulen, die dieses Projekt ausführen eigentlich relativ schlecht da. Der Spitzenreiter in Sachsen ist momentan Chemnitz.

 

 

AUSVE®KAUFT: Als SOR-Team kann man viel erreichen. Welche Projekte sind ihnen schon gelungen und welche haben sie noch geplant?

 

FRAU ZEHE: In diesem Schuljahr haben wir vor, zwei Flüchtlingsheime in dieser Gegend zu unterstützen. In dem Heim in der Riebeckstraße starteten wir am 07.10. eine Aufräumaktion, bei der 20-25 Schüler mithalfen, die auch nicht alle aus dem SOR-Team kamen, sondern Mitglieder der AG angesprochen hatten, weil sie uns unterstützen wollten. In der anderen Flüchtlingsunterkunft in der Bibelstraße haben wir vor, besonders mit Kindern zu arbeiten und sie vor allem beim Lernen der neuen Sprache zu begleiten.

 

Sehr erfreulich ist, dass das SOR-Team sehr groß geworden ist und deshalb in nächster Zeit drei Sparten abdecken wird: Die zwei Flüchtlingsheime und die Aktivitäten in der Schule.

 

 

AUSVE®KAUFT: Könnten Sie sich vorstellen, in ein Krisengebiet zu fliegen und dort Bedürftigen zu helfen?

 

FRAU ZEHE: Ja ich denke schon. Die Frage ist immer wo kann man eine ganze Menge mit einem entsprechenden Aufwand, den man vertreten kann, erreichen. Ich finde, dass ein Arrangement in Krisengebieten wichtig ist. Aber das sollten vor allem Fachleuten tun, die dafür gut vorbereitet sind. Damit meine ich nicht nur Leute, die sprachlich begabt sind, sondern auch die, die mit einem sogenanntem „Rundumpaket“ ausgestattet sind.

 

Warum ich mir so eine Reise persönlich gut vorstellen könnte, hängt mit meiner Geschichte zusammen. Wir sind eine arabisch-deutsche Familie und für uns hat schon seit sehr vielen Jahren dieses Thema eine Rolle gespielt und war auch stets aktuell. Trotzdem habe ich das nie als mein Lebensziel gesehen. Ich glaube, dass es eine wichtige Aufgabe ist, wenn ich mich hier an unserer Schule engagiere und eine ganze Anzahl von jungen Leuten begleite, die eine ordentliche Einstellung für ihr Leben mitnehmen und sich dem entsprechend verhalten.

 

 

AUSVE®KAUFT: Deutschland hat ca. 1 Millionen Flüchtlinge bis jetzt aufgenommen und jeden Tag werden es mehr. Sind Sie der Meinung „Das Boot ist voll!“ oder „Refugees welcome!“?

 

FRAU ZEHE: Das „Boot“ ist auf gar kein Fall voll, aber diese gesamte Situation ist so komplex, dass das vor allem für euch ein bisschen schwierig ist zu verstehen, weil da natürlich viel Geschichte mit drin hängt. Für mich ist nicht die Frage „Ist das Boot voll?“ sondern „Wo setzt man an?“. Und da kommt schon viel eher zur Sprache, warum die Menschen überhaupt fliehen müssen. Ich finde es bedauerlich, dass die bei uns ergriffenen Maßnahmen erst in zweiter Hinsicht etwas damit zu tun haben, sich ernsthaft darum zu bemühen, die Situation dort zu verändern. Erst vor kurzem habe ich zaghafte Ansätze gehört, dass man versucht in den Flüchtlingslagern in Libanon, Jordanien und der Türkei die Situation der Asylanten zu verbessern. Das ist schon erschreckend, wenn man erfährt, dass die UN Hilfsorganisation finanziell nicht in der Lage sind, den Flüchtlingen dort das Minimalste zu garantieren. Dass die Leute dann aus diesen Gebieten weg gehen, ist logisch. Wobei ich denke, dass die Flüchtlingssituation in den Ländern schon eine Katastrophe ist. Eigentlich müsste man in dem Krisenherd selber anfangen, aber alles, was Westeuropa dort angefangen hat, ging voll nach hinten los. Also alle Aktivitäten, die dort lanciert wurden, z.B. der Irakkrieg, die Einsätze in Afghanistan, waren militärische Mittel und nicht darauf ausgerichtet Frieden zu stiften.

 

 

 

Ein Interview, das auf jeden Fall zum Nachdenken anregt. In diesem Sinne noch ein- mal ein großes Dankeschön an Frau Zehe.